Die Geier in Europa kehren zurück
Noch vor 40 Jahren waren Geier in Europa so gut wie ausgestorben. Dies hatte viele Gründe.
Sein schlechter Ruf
Geier gelten immer noch für viele Menschen als hässlich und unappetitlich. Sicherlich schreckt ihre Vorliebe tote Tiere zu verzehren ab. Auch der kahle Kopf vom Gänsegeier wird als unschön empfunden.
"Man liebt nur, was man kennt, man schützt nur, was man liebt." Konrad Lorenz
Aberglaube und Jagd
Der Lämmergeier, auch Bartgeier, wurden noch vor 50 Jahren verdächtigt, Tiere zu töten und kleine Kinder zu rauben. Eine erbarmungslose Jagd dezimierte sie, bis zur Ausrottung in den Alpen. Heute werden sie wieder aufwendig angesiedelt. Auch in Deutschland dürfen wir uns seit drei Jahren an Bartgeier im Berchtesgadener Land erfreuen.
Umweltgifte
Das Pflanzenschutzmittel DDT trifft besonders die Tiere wie Adler, Geier die am Ende der Nahrungskette stehen. Vor 50 Jahren wären so beinahe alle Greifvögel und Geier von der Bildfläche verschwunden. 1971 wurde das Gift weltweit verboten.
Fehlende Nahrung
Geier sind Nahrungsspezialisten. Sie können nicht selber Beute machen, sondern sind auf tote Tiere angewiesen. Und das ist auch von der Natur so gewollt. Geier sind die Gesundheitspolizisten in einer natürlichen Umwelt. Ohne Geier würden Tierkadaver unkontrolliert verwesen und somit das Grundwasser verseucht und gefährlichen Bakterien freien Lauf gewährt.
In vielen Länder wurde aber die Nahrungsgrundlage für Geier entzogen. Scharfe Richtlinien in Europa, besonders nach dem BSE-Seuche, besagen, dass totes Weidevieh sofort beseitigt und entsorgt werden muss. Vor 30 Jahren lockerte Spanien diese Verordnung in einigen Gebieten. Die Geier kamen so langsam wieder zurück. Vorteile für die Viehzüchter gibt es auch. Sie brauchen nicht mehr teuer und mit viel Co2 Aufwand ihre Tiere Entsorgen. Es gibt vielerorts einen Abholservice, der die toten Tiere an bestimmten Fütterungsplätze bringt. So ist Spanien mittlerweile das Land mit der höchsten Geierpopulation in Europa.
Gänsegeier
Der häufigste Geier, ist der Gänsegeier. Mit einer Flügelspannweite von 2,65 Meter ist er der drittgrößte in der Geierfamilie. Gänsegeier sind meist die ersten am toten Tier. Zänkisch versucht jeder seinen Anteil am Festmahl zu bekommen. Sie brüten meist in Felsnischen und sind sehr gesellig.
Ich konnte sie mehrmals aus zertifizierten Hides beobachten und fotografieren. Bis zu 130 Geier trafen an einem ausgewählten Fütterungsplatz ein, im Hintergrund die grandiose Kulisse der Sierra de Gredos. Zweidrittel waren Gänsegeier und Ein Drittel die größeren Mönchsgeier. Die Reste einer Jagd (300 kg) wurden von dem Ranger ausgelegt. Es dauerte auch nicht lange, und die ersten Gäste trafen ein. Immer sind es die Kolkraben und die Elstern, die das Angebot zuerst annehmen. Es folgen die Rotmilane, die sich im Sturzflug den ein oder anderen Happen ergattern. Das Festmahl ist somit eröffnet und die Geier aus der Ferne kommen zögerlich und abwartend näher. Hat der erste den ersten Bissen genommen, gibt es für die anderen kein Halten mehr. Immer mehr Geier kommen angeflogen und plötzlich wimmelt es von diesen großen Vögeln. Ein unglaubliches Spektakel bot sich. In dem Gewimmel eine vernünftige Bildkomposition zu finden ist sehr schwierig. Durch die Nähe konnte ich aber schöne Portraits erstellen. Hier zeigt sich die Schönheit dieser außergewöhnlichen Vögel. In einer grandiosen Canyon-Landschaft, mit den herrlichen Farben in Aragonien, entstanden die Flugaufnahmen.
Bartgeier
Die Bartgeier sind mit einer Flügelspannweite von bis zu 2,95 Meter die größten fliegenden Vögel in Europa. Nur wenige Vögel auf der Welt übertreffen seine Flügelspannweite. So der Andenkondor mit 3,20 Meter und der Wanderalbatros mit 3,50 Meter.
Der Bartgeier war in den europäischen Alpen schon verschwunden. Nur in den Pyrenäen gab/gibt es eine stabile Population. Allerdings steht sie auch auf wackligen Füßen. In den letzten drei Jahren wurde um der Region Buseu nur drei Jungtiere flügge. Der stagnierende, rückläufige Rückgang konnte noch nicht geklärt werden.
Was macht diesen Vogel so besonders? Die Größe und Seltenheit habe ich erwähnt. Aber es gibt noch zwei weitere einzigartige Besonderheiten.
Er kommt als letzter Geier zum Futterplatz, dann wenn alle anderen Geier satt gefressen sind und nur noch die Knochen den Boden übersähen. Kleine Knochenteile, bis zu einem Schafsbein, schluckt er im Ganzen herunter, siehe auch Bild unten. Mit größeren fliegt er zu bestimmten Felsen, auch Knochenschmieden genannt. Aus großer Höhe lässt er sie fallen, um dann das zerschmetterte Material, Knochenmark und Knochensplitter, zu fressen. Einmalig in der Vogelwelt.
Die nächste Besonderheit sieht man auf den Bildern. Die rot/orange Brustfärbung ist nicht genetisch angeboren, nein sie wird extra aufgetragen. Der Bartgeier (Männchen sowie auch Weibchen) suchen hierzu eisenhaltige Tümpel auf, um ihre Brust darin zu tränken. Auf den Bildern ist ein Vogel zu sehen, der dies, wie auch immer, nicht getan hat. Die Brust ist bei ihm schneeweiß.
Der Name Lämmergeier kommt von der Art des Horstbaus. Die Tiere brüten meist hoch in den Bergen in Felsnischen. Um ihre Eier und Jungen vor der Kälte zu schützen, legen sie ihren Horst mit dem Fell von toten Tieren aus. Besonders das Fell von Lämmern ist begehrt, da es einen hohen Kälteschutz bietet. Auch dies veranlasste früher den Mensch zu glauben, dass Geier bewusst kleine Lämmer töten. Geier sind nicht in der Lage selbst Tiere zu töten. Sie haben nicht das Werkzeug wie der Adler. Er verfügt über die dolchartigen und tödlichen Krallen.
Mit der Fütterung der Bartgeier in Buseu wird geholfen, den Bestand stabil zu halten. In keiner Region Europas kann man so viele Bartgeier auf einmal beobachten. Bis zu 25 Tiere kamen über den Tag hinweg. Was für ein Erlebnis.
Mönchsgeier
Der Mönchsgeier, mit einer Flügelspannweite von 2,85 Meter, ist nicht so zahlreich vertreten wie der Gänsegeier. Der Mönchsgeier hat den stärksten Schnabel aller Geier. Mit ihm kann er auch die Bauchdecke von toten Tieren öffnen. Sie brüten meist auf Bäumen. Ihre Paarbildung ist stark ausgeprägt und kann ein leben lang anhalten. Im Gegensatz zu den Gänsegeiern bilden sie keine Brutkolonien.
Ihren Namen verdanken sie ihrem Aussehen, der an eine Mönchskutte erinnert.
Schmutzgeier
Die kleinste Geier Art ist der hübsche Schmutzgeier mit einer Flügelspannweite von 1,50 Meter. Ihn konnte ich leider nicht fotografieren, da dieser Vogel erst im April aus seinem Winterquartier aus Nordafrika kommt. Dieser Geier frisst so gut wie Alles was übrig bleibt. Daher auch sein Name. Allerding nicht die Knochen, die kann nur der Bartgeier verwerten.