Objektive für die Vogelfotografie



Das richtige Tele-Objektiv für meine Vogelfotografie

 

Inhalt: 

 

- Welche Anforderungen sollte ein Tele-Objektiv besitzen?

- Festbrennweite Vor- und Nachteile

- Zoom-Objektive Vor- und Nachteile

- Gegenüberstellung in einer Tabelle

- Gegenüberstellung mit Beispielbildern

- Macht die Bildbearbeitung teure Objektive überflüssig?

- Mein Fazit


Welche Anforderungen sollte ein Tele-Objektiv besitzen?

 

Viele fragen mich nach dem richtigen Tele-Objektiv für die Vogelfotografie. Bei der Vogelfotografie gibt es einen wichtigen Faktor und der heißt Brennweite. Um so mehr um so besser. Allerdings hat auch der Brennweitenbereich seine physikalischen Grenzen, dazu später mehr.

Welche Ansprüche hat ein Fotograf an die Vogelfotografie? Sollen die Vögel formatfüllend ablichtet werden, jedes Federchen erkennbar sein? Oder wird der Vogel lieber in seinem Habitat eingebunden und somit in einer schönen Bildkomposition verschmolzen? Auch können Detailaufnahmen interessant sein. Nur ein Portrait, oder die Schmuckfedern in voller Farbenpracht. Sie sehen, schon allein um diese Palette zu bedienen, ist die Frage nach dem richtigen Objektiv wichtig.

Die Anforderungen für uns Vogelfotografen ist meist sehr hoch. Und leider hat dies auch seinen Preis. Ob Festbrennweite oder Zoom-Objektive. Stellen wir erstmal die Vor- und Nachteile beider Varianten gegenüber und schauen, wo sie sich grundlegend unterscheiden. Hiernach können Sie dann besser abwägen, welches für Sie als Einstieg der Favorit ist.

Ich besitze beide Varianten und möchte Ihnen meine Erfahrungen wiedergeben. Es handelt sich um Canon Produkte, die auch in dem Artikel von mir so erwähnt werden. Ich möchte aber an dieser Stelle keine Werbung für Canon machen. Im Grunde ist es egal ob Canon, Nikon, Sony oder andere Marken. Alle liefern gute Ergebnisse ab. 


Festbrennweite Vor- und Nachteile

 

Das Zauberwort bei Festbrennweiten heißt Lichtstärke. Dies ermöglicht Naturfotografen noch im halbdunklen gute Bilder zu schießen. Ob im tiefen Wald, bei Dämmerung oder trüben Tagen können Bilder erstellt werden, die nicht unter hohen ISO-Werten leiden. Heißt ein übermäßiges Rauschen wird verhindert. Blende f2,8 mit einer Canon Festbrennweite von 400mm, oder wie bei meinem Objektiv 500mm mit maximaler Blendenöffnung von f4 sind so die Paradelinsen. Die Konstrukteure können die Objektive auf den Punkt auslegen. Jedoch ist die Herausforderung das Gewicht und die Größe. Mein 500mm, f4 wiegt 3200g. Auch wenn die Kamerahersteller versuchen das Gewicht und die Größe zu minimieren, die Physik kann nur schwer überrumpelt werden. 

Für mich gibt es noch einen wichtigen Vorteil solcher Linsen. Die Hintergrundauflösung bei offener Blende. Ich liebe es, wenn der Vogel schön knackscharf im Vordergrund steht und der Hintergrund im zarten Bukeh verschwimmt. Durch die lange Brennweite, die schon grundsätzlich für eine geringe Tiefenschärfe sorgt, und der offene Blende entstehen so meine Lieblingsbilder.

Der Nachteil ist und bleibt das hohe Gewicht und die Größe. Auf dem Kirkinisee waren wir stundenlang im Boot unterwegs. Ein Stativ, auch Einbeinstativ, konnte ich nicht einsetzen. Also alles aus der Hand heraus fotografiert. Mit Kamera und dem Objektiv musste ich ständig 4 Kilogramm hochhalten und versuchen den Vogel im Fokus zu halten. Das war Schwerstarbeit und meine Schulter machte nach einer Woche schlapp.

Wie bei allen Festbrennweiten, muss man seine Bildkomposition durch erlaufen anpassen. Bei dem festen Steinadleransitz in den Pyrenäen hatte ich oft das Problem, den großen Vogel im Flug (Flügelspannweite von bis 2,2 Meter) voll auf den Sensor zu bekommen. Da hätte ich mir ein Zoom-Objektiv gewünscht.

Kommen wir zum letzten Punkt, der Preis. Der ist für viele jenseits von Gut und Böse. Ein Kauf empfiehlt sich wirklich nur für Naturfotografen, die dieses Objektiv viel nutzen und über ein entsprechendes Budget verfügen. 


Zoom-Objektiv Vor- und Nachteile

 

Das Zauberwort beim Zoom-Objektiv lautet, flexible Anpassung des Bildausschnittes durch das Zoomen. Und das ist wirklich hilfreich, gerade für uns Vogelfotografen. Der Vogel ist nah dran, oder er fliegt auf uns zu, schnell an dem Zoomring gedreht und schon ist der richtige Bildausschnitt gewählt. Wir brauchen dem Vogel nicht hinterher hecheln. 

Aufgrund der konstruktiven Kompromisse, sind diese Linsen nicht so Lichtstark, wie bei einer Festbrennweite. Konsequenz, der Einsatz bei schlechten Lichtverhältnissen hat seine Grenzen. Hohe ISO-Werte und damit verbundenes Rauschen, machen irgendwann keinen Sinn mehr, auch mit nachträglicher Softwarebearbeitung, siehe später mehr.

Die kleinere Blende ggü. einer Festbrennweite kommt nicht an die Hintergrundauflösung einer Festbrennweite heran. Oft vermisse ich das weiche Bukeh.

Da die Konstrukteure eine Eierlegende-Wollmichsau (alle Blendenöffnungen im Brennweitenbereich müssen passen) erschaffen müssen, kann es bei Blendenöffnungen im offenen Blendenbereich zu Beugungsunschärfe (alle Blendenöffnungen auf den Brennweitenbereich) in Randbereichen kommen.

Das Gewicht und die Größe liegen im Vergleich zur Festbrennweite ca. um die Hälfte, siehe auch Tabelle. Also für einen längeren Walk, bergauf, bergab eine Erleichterung. Und noch ein für Naturfotografen wichtiger Punkt ist die Naheinstellgrenze. Mit 08 Meter bei 200mm und 3,3 Meter bei 800mm, liegt das Canon Zoom-Objektiv deutlich besser, als die Festbrennweiten. Libellen im Flug, oder Halb-Makros von Pflanzen können schön erstellt werden, siehe auch Beispielbilder.. 

Und zuletzt der günstigere Einstiegs-Preis. Gehen wir mal im Schnitt um den Faktor 1 zu 3 aus, siehe Tabelle.


Gegenüberstellung in einer Tabelle

 

Diese Tabelle lasse ich mal ohne Wertung stehen. Der Trend bei den Wettbewerber sieht ähnlich aus. Die Preise zeigen nur den Tageswert vom 01.01.2024 und können sich, aufgrund schnelllebiger Modellpolitik, ändern.

Gegenüberstellung mit Beispielbildern

 

Bilder folgen demnächst


Macht die Bildbearbeitung teure Objektive überflüssig?

 

Rückblick: Vor 10 Jahren begannen meine ersten zaghaften Herangehensweisen an die Bildbearbeitung mit Lightroom. Als Naturfotograf ist es unabdingbar die Bilder in RAW aufzunehmen und anschließend mit einem RAW-Konverter nachzuarbeiten. Ein altes Vorurteil, was ich oft in meinen Kursen höre, die Kamera macht die Bilder richtig, ich brauche meine Bilder nicht nachzubearbeiten, ist falsch. Kann sie nicht und wird sie auch nie können! Mit der Bildnachbearbeitung geben wir unser Empfinden an der Aufnahmesituation wieder und korrigieren den Weißabgleich, Belichtung, Farben und vieles mehr.

Die Innovationskurve von Kameras und Objektiven hat in den letzten Jahren einen steilen Verlauf genommen. Immer kürzer die Abstände für die neusten Modelle von Canon und Co. Gerade die spiellosen Kameras haben das Fotografie-Wohlbefinden auf ein neues Niveau gehoben (demnächst mehr zu Kameras für die Vogelfotografie). Doch scheint sich die Kurve in der Hardware und Sensortechnik abzuflachen. Dafür kommt der Software-Hype mit voller Wucht auf uns zu. KI-unterstützende Bearbeitungsprogramme erleichtern unsere Arbeit jetzt schon. Aber sie stellen auch die Kamera- und Objektiv-Welt in Frage. Entrauchen, Schärfen, Erhöhung der Auflösung, entfernen von störenden Elementen und vieles mehr kann nachträglich angepasst werden. 

Der Nachteil kein schönes Bukeh bei den Zoom-Objektive? Kein Problem. Mit Lightroom gibt es die Funktion, nachträglich den Hintergrund weich zu zeichnen (Objektivunschärfe), siehe Bild ??? Der Adler braucht oben und unten mehr Platz, die die Festbrennweite nicht darstellen konnte? Kein Problem. In Photoshop mit generativen Füllen einfach den Bereich erweitern, siehe Bild Steinadler. Hohe ISO-Werte erzeugen unangenehmes Rauschen? Kein Problem, Softwareprogramme rechnen das Rauschen heraus, siehe Bild. Meine Kamera hat nur 14 MB, ich habe auch noch das Bild beschnitten. Nun kann ich nicht mehr groß ausdrucken, da die Auflösung zu gering ist. Kein Problem, Softwareprogramme erhöhen die Pixelzahl durch Interpolieren. Ein sauberer Ausdruck ist jetzt möglich. Mit rasanter Geschwindigkeit geht die weitere Entwicklung voran. Eine Prognose was uns in Zukunft noch bereit hält, kann ich nicht geben.

Nun stellt sich die Frage, brauchen wir noch eine teure Festbrennweite, oder eine Kamera mit einem 50 MB Sensor und anderem Schnick Schnack, wenn wir die Möglichkeit haben, per Knopfdruck die Bilder nachträglich in Form zu bringen? Die Handy-Fotografie gibt uns hier einen kleinen Vorgeschmack. Ein Thema für ein separaten Beitrag von mir demnächst.


Mein Fazit

 

Beide Objektive haben ihre Stärken und ihre Schwächen. Bei der Festbrennweite liegt das Plus in der Lichtstärke und der Hintergrundauflösung bei offener Blende. Nachteil ist das Gewicht, die Größe und der hohe Anschaffungspreis.

 

Tipp: Es muss nicht immer ein neues Objektiv sein. Recherchieren Sie ruhig nach Gebrauchten, oder nach Vorführware.

 

Das Zoom-Objektiv überzeugt durch seinen flexiblen Einsatz, eine kompaktere Bauweise und dem geringeren Gewicht. Auch ist es preisgünstiger als eine Festbrennweite. Der Nachteil ist die kleinere Blendenöffnung und damit verbundene Einschränkung in der Dämmerung vernünftige Bilder zu erstellen. Der Hintergrund wird auch nicht so schön aufgelöst wie bei einer Festbrennweite. Die in den Test immer wieder erwähnten Beugungsunschärfe bei geöffneter Blende am Rande der Bilder, spielen bei mir nur eine untergeordnete Rolle. Oft können sie durch Profilkorrektur in Lightroom minimiert werden. Und meist liegt der Fokus eh in der Mitte, da wo der Vogel sitzt, oder fliegt.

 

Brennweite ist entscheidend bei der Vogelfotografie. Oft haben Vögel eine sehr hohe Fluchtdistanz. Kraniche können, trotz ihrer Größe nur von Weitem beobachtet und fotografiert werden. Lange Brennweiten verhindern auch eine Störung der Vögel. Kleine Vögel sind sehr wuselig. Lange Brennweiten helfen, den Vogel auf dem Sensor zu halten.

 

Achtung: Lange Brennweiten haben auch ihre physikalischen Grenzen. Hitzeflimmern, Staub, Dunst und andere Umwelteinflüsse verhindern oft, eine scharfe Abbildung auf langer Distanz. 

 

Für die Vogelfotografie gibt es für mich einen klaren Einstiegsfavoriten und dass ist ein Zoom-Objektiv. Die Nachteile können ggf. durch Software kompensiert werden. Und wer erstmal angefixt ist von der Vogelfotografie, wird früher oder später vielleicht zu einer Festbrennweite greifen.

 

Und nun eine letzte Anmerkung von mir. Es wird viel geschrieben über die neusten Objektive und Kameras. Eine ganze Zeitungsbranche lebt davon. Labor-Test und vieles mehr sollen Konsumbedürfnisse wecken und dienen somit den großen Kameraherstellern.

 

"Das Objektiv und die Kamera sind nur Hilfsmittel den richtigen emotionalen Moment für den Fotografen einzufangen. In den allermeisten Fällen ist es egal, ob die Kamera 50 MB besitzt, oder das Objektiv in den Randbereichen eine leichte Unschärfe erzeugt. Oft sind es Bilder die begeistern die nicht technisch perfekt sind, uns  aber bewegen in sie hinein zu schauen." Dirk Gildemann


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